Liebe, Konzentration und Selbsthingabe
Rundschreiben Nr. 17
(Herausgegeben am 10. August 1961)
Wenn einer auf irgendeinem Gebiet des menschlichen
Wirkungsbereichs ein bestimmtes Ziel zu erreichen sucht, ist es notwendig, dass
er seinen Fortschritt von Zeit zu Zeit prüft. Nur durch ein solches Untersuchen
können einem seine Unzulänglichkeiten und Irrtümer bewusst werden, man kann sie
ausrotten und zunichte machen und über den weiteren Verlauf nachdenken. Da wir
unsere Schultern in des Großen Meisters Sache gestellt haben, ist es nötig,
dass wir auf dieselbe Weise von Zeit zu Zeit auf unser Wirken und auf das, was
wir erreicht haben, zurückschauen und es einer Prüfung unterziehen. Ohne eine
solche Selbstanalyse und Selbstkritik ist kein wirklicher Fortschritt möglich.
Man sollte dieser Praxis frischen Antrieb geben und jeder einzelne Initiierte
sollte sie zur täglichen Gewohnheit werden lassen. Ich habe darauf bestanden
(und ich bestehe weiter darauf), dass die täglichen Aufzeichnungen über ihre
Gedanken, Worte und Taten gemacht werden und die Zeit der Meditation angegeben
wird. Was für uns als einzelne Initiierte notwendig ist, ist es für uns noch
mehr als Glieder einer größeren Bewegung.
Wenn man auf die in den vergangenen Jahren
vollbrachte Arbeit zurückblickt, so finde ich, dass es da Vieles gibt, für das
wir dankbar sein dürfen. Viele haben eine bemerkenswerte Fähigkeit für
selbstloses Dienen gezeigt, und andere haben einen lobenswerten Fortschritt auf
dem inneren Pfad gemacht. Nichtsdestoweniger, indem ich dies mit Freude
bemerkte, kann ich nicht umhin, das Anwachsen von Tendenzen festzustellen, die
für uns alle eine Sache der Besorgnis sein müssen. Trotz wiederholter
Ermahnungen und Zureden finde ich, dass das Unkraut der Zwietracht und
Disharmonie unter uns wächst und sprießt. Konkurrenz zu machen scheint den
Platz der Zusammenarbeit eingenommen zu haben, Rivalität den der Liebe und
Misstrauen den des Vertrauens und Glaubens.
Das Auftauchen solcher auf Spaltung hinauslaufender
Tendenzen hat noch den Beginn des Zerfalls einer jeden großen Bewegung
gekennzeichnet. Wenn ihnen nicht Einhalt geboten wird, nehmen sie zu und führen
letzten Endes zu ernsten Spaltungen und Trennungen. Das ursprüngliche Ziel wird
im Eifer des Streits und des Debattierens vollkommen vergessen, und der
Vorsatz, der genommen war, wird völlig vernachlässigt. Wenn wir diesem
Schicksal entgehen wollen, müssen wir eifrig darauf bedacht sein, über uns
selbst zu wachen und uns von allen unerwünschten Spuren dieser Art, die
unbemerkt in uns wachsen, freimachen.
Warum es eine solche Disharmonie gibt, ist nicht
schwer zu sagen. Der Meister kann nicht immer und überall persönlich anwesend
sein. Seine Mission muss mit Hilfe Seiner Schüler ausgeführt werden. Diese
Schüler sind Menschen, die von spiritueller Sehnsucht erfüllt sind und auf den
Pfad gestellt wurden, die aber nicht notwendigerweise das Ziel erreicht haben.
Das letzte Ziel ist nicht leicht zu erlangen und wahrlich, sehr wenige nur
erreichen es innerhalb dieser Lebenszeit. Des Meisters Sache muss darum mit
Hilfe von Männern und Frauen ausgeführt werden, die in den meisten Fällen noch
auf dem Pfad und noch nicht vollkommen sind. Ihre Sicht ist individuell, nicht
universal, und der Gesichtspunkt, von dem aus sie sehen und beurteilen, ist auf
den Grad der spirituellen Entwicklung, den sie erreicht haben, begrenzt. Wenn
sie mit einer Verantwortung betraut sind, müssen sie dieser innerhalb ihres
eigenen Vermögens und ihrer Einsicht nachkommen. Und wenn sie bei dieser
Verantwortung mit anderen zusammenarbeiten müssen, deren Gesichtspunkt
gleichfalls individuell und unterschiedlich ist, fängt die Uneinigkeit an.
Solange sie direkt unter der Führung des Meisters arbeiten, ist alles gut, doch
im Augenblick, wo sie mit anderen zusammenzuarbeiten haben, beginnen die
Schwierigkeiten. Sie sollten verstehen, dass alle Arbeiter in der Sache des
Meisters sind und für die Förderung der heiligen Sache des Meisters arbeiten,
bei der die Sucher zum Ziel des Lebens geleitet werden. Ein Mensch, der sehen
kann, vermag die sich widersprechenden Schilderungen hinsichtlich des
Elefanten, die durch die sechs sprichwörtlichen Blinden gemacht wurden, zu
entscheiden; aber wenn sie sich selbst überlassen bleiben, können sie nur
miteinander streiten und debattieren und jeder misstraut dem, was der andere zu
sagen hat.
Wenn sechs Menschen, die der vollen Sicht ermangeln,
in der Beurteilung von etwas, das so begrenzt und genau bestimmt ist wie ein
Elefant, nicht übereinstimmen können, dann ist es doch nicht verwunderlich, dass
jene mit einer begrenzten Sicht nicht in der Lage sind, in einer so gewaltigen
und unbegrenzten Sache, wie es die Spiritualität ist, vollkommen überein zu
stimmen. Und dennoch, während es bei solchen, die der vollen Sicht ermangeln,
ganz natürlich ist, dass sie in solchen Dingen nicht gänzlich einer Meinung
sein können, dürfen wir dieser Begrenzung nicht erlauben, Spaltung und
Uneinigkeit hervorzurufen. Denn wenn wir da kein Hilfsmittel finden, werden wir
zuletzt die „Sache“, die uns zusammengebracht hat, opfern müssen
und was wäre das für ein großer Verlust!
Es gibt für alle diese Uneinigkeit nur ein einziges
Hilfsmittel und das ist die L i e b e. Einer,
der ihr Geheimnis nicht gemeistert hat, kann niemals hoffen, in Gottes Reich
aufgenommen zu werden. Sie ist der Anfang und das Ende aller Spiritualität. Wer
die Liebe in ihrem wahren Wesen versteht und in ihrer Sicht lebt und sich
bewegt, wird so sicher, wie zwei mal zwei vier sind, den Herrn erreichen.
„Liebe und alle Dinge werden dir zufallen.“
Christus
„Hört! Ich künde euch das
Wesen der Wahrheit:
Solche, die geliebt haben, erreichten den Herrn.“
Guru Gobind Singh
Liebe kennt selbstloses Dienen, Opfern und
Selbsthingabe. Keiner, der am spirituellen Vorwärtskommen interessiert ist,
sollte um der Anerkennung willen dienen! Selbstloser Dienst ist ein großer Lohn
in sich selbst. Er heiligt selbst die persönlichen Interessen für die Sache,
die einer in aufrichtiger Weise aufgenommen hat.
Was ist nun die Liebe, von der alle Mystiker des
Ostens und des Westens so eindringlich gesprochen haben? Ist sie der Liebe der
Welt gleich, die wir kennen? Wenn wir die Bande der irdischen Liebe studieren,
finden wir, dass an der einen oder anderen Stelle in jedem Falle zumindest eine
Spur von Selbstbehauptung zutage tritt. Bei Eltern und Kind, unter Freunden,
zwischen Mann und Frau, jeder ist auf einer mehr oder weniger starken Jagd nach
Besitz. Es ist eine Liebe, die oftmals zu großen Höhen der Selbstaufopferung
führen kann und dennoch ist es eine Liebe, die nicht vollkommen selbstlos ist.
Die LIEBE aber, von der die Mystiker sprechen, ist
eine Liebe, die vollständig vom Selbst gereinigt sein muss. Wenn einer die
völlige Reinigung in dieser Hinsicht nicht erreicht hat, ist die Liebe noch
nicht vollkommen und nicht wirklich annehmbar in den Augen des Herrn. Und so
ist die Liebe der Mystiker eine, bei der man sich vollkommen und rückhaltlos
seiner Liebe unterwirft. Die Sucher, die einen wahren Meister gefunden und eine
solche absolute Liebe für Ihn entwickelt haben, reinigen sich stetig selbst von
allen Unvollkommenheiten und machen sich zu einem geeigneten Empfänger für die
göttliche Gnade. Ihr mögt fragen, warum diese nachdrückliche Betonung der
vollkommenen Selbsthingabe auf dem mystischem Pfad? Die Antwort ist ganz einfach:
Ohne diese völlige Hingabe der letzten Spuren des Ego und der Selbstheit, ohne
dieses völlige Vertieftsein in den Gegenstand seiner Liebe, kann einer nicht
die feste, unerschütterliche Konzentration aller seiner Kräfte erlangen, die
aber eine Voraussetzung für jeden inneren Fortschritt ist. Absolute Liebe und
Selbsthingabe sind nur ein anderer Aspekt von vollkommener und fehlerloser
Konzentration. In dem Augenblick, wo das „Ego“ in Erscheinung
tritt, erhebt sich die Frage der „Ichheit“, die auf ein einziges
Ziel gerichtete Konzentration ist zerteilt und das innere Vorwärtskommen
unmöglich gemacht. Ganz abgesehen davon, liegt das Ziel des spirituellen
Aspiranten weit über den Grenzen der Individualität. Sein Ziel ist die
Vereinigung mit dem Absoluten und eine solche Vereinigung muss notwendigerweise
eine Verneinung der Grenzen sein, die uns voneinander trennen. Wer sich nicht
über das Ego, die Kraft, welche diese Grenzen schafft, erhebt, wie kann der
hoffen, zu der Stufe zu gelangen, welche die Vereinigung aller Individualität
und eine Verwirklichung der Einheit allen Lebens ist?
Es ist deshalb, dass die Mystiker aller Traditionen
unermüdlich die Notwendigkeit der absoluten Selbsthingabe betonten. Dieses
Kreuz, das Ego zu opfern, war es, von dem Jesus sprach, wenn er seine Schüler
ermahnte, ihr Kreuz täglich auf sich zu nehmen. Denn in jeder kleinen Handlung,
in Wort oder Gedanke, sucht uns das Ego zu beherrschen, und wenn es der Sucher
überwinden und besiegen will, muss er bereit sein, es in jedem Augenblick zu
kreuzigen. Um diesen Grad der Selbsthingabe zu erlangen, muss man nicht zur
Gottheit in Ihrer Abstrakten Form aufschauen, sondern zu Ihr in Ihrer
Menschlichen Form als dem Meister. Denn wie will einer Gottes Willen direkt
erkennen, um sich Ihm zu unterwerfen? Das, was man als Intuition ansieht, die
durch das Göttliche eingegeben ist, kann in Wirklichkeit das eigene Ich sein,
das sich dafür ausgibt, und sich solchen scheinbaren Intuitionen zu
unterwerfen, kann in Wirklichkeit bedeuten, sich dem Ego zu unterwerfen. Wenn
einer jedoch einen wahren Meister gefunden hat, der mit Gott in Einklang und
sein Sprachrohr ist, und er folgt Ihm in allen Dingen vollkommen und absolut,
dann wird er sicherlich die hydraköpfige Schlange des Ego vernichten und eines
Tages seine himmlische Heimat erreichen. Im Verlaufe einer solchen Liebe wird
es Momente geben, dass einer, indem er von seinem eigenen begrenzten Verstehen
aus urteilt; die Richtigkeit der Instruktionen des Meisters bezweifelt; aber
solche Augenblicke sind nur Prüfungen, die unsere Selbsthingabe vollkommener
und sicherer machen sollen, und wer durch diese Prüfungen erfolgreich
hindurchkommt, wird eines Tages in Gottes Glorie erstrahlen.
Eine solche Liebe und Selbsthingabe an den Willen
des Herrn, der im Meister verkörpert ist, war das A und 0 der Lehren aller
Mystiker und besonders der von Sant Mat. Eure Hauptaufgabe als Schüler, als
Initiierte, ist, diese Eigenschaften bis zum äußersten zu kultivieren und das
übrige dem Meister zu überlassen. Natürlich werden Augenblicke des Zweifels,
des Fragens kommen, aber wenn ihr durch diese mit eurer Liebe und eurem
unversehrten Glauben hindurchkommen könnt, wird sich euch der spirituelle Weg
im Innern stetig entfalten und alle Dinge werden euch zufallen. Ganz sicher ist
der Pfad nicht leicht, aber für einen, der sich eine solche Liebe zum
Grundstein seines Lebens gemacht hat, kann nichts einfacher und sicherer sein.
Jesus hat niemals den Frieden und Trost versprochen, den die Welt kennt. Es war
das Kreuz, das er angetragen hat. Wir müssen leiden, um uns umzuformen und neu
zu gestalten, das Alte zu vernichten und das Neue schmieden. Wir müssen den
Spott unserer Gefährten und der organisierten orthodoxen Institutionen auf uns
nehmen. Doch wenn wir uns in einer solchen Liebe und Selbsthingabe verankert
haben, vermag nichts den Frieden unseres Herzen zu zerstreuen, oder unsere
spirituelle Harmonie zu stören. Zu Anfang ist es im Osten vielleicht leichter,
den mystischen Pfad aufzunehmen, als im Westen. So ist es in Indien eine seit
langem bestehende Tradition, einen Lebenden Meister zu suchen und ihm zu
folgen; es ist ein Brauch der denen, welchen Religion in Begriffen einer
verborgenen Offenbarung gelehrt wurde, fremd ist. Aber ungeachtet dessen, ist
dieser anfängliche Vorteil nicht so groß, wie es zunächst scheinen mag. Denn
der wesentliche Vorteil auf dem Gebiet der Spiritualität ist nicht äußerlich,
vielmehr innerlich zu finden. Es liegt nicht daran, dass keine äußere
Opposition da ist, sondern an der inneren Fähigkeit für vollkommene
Selbsthingabe und Liebe. Die äußeren Hindernisse sind in der Tat Prüfungen und
Mittel zum Ansporn, die der Entfaltung dieser Fähigkeit dienen. Und diese
Fähigkeit, das Ego zu besiegen und sich selbst dem Höheren Willen
unterzuordnen, ist im Osten genau so selten wie im Westen und wo immer sie
angetroffen wird, dort könnt ihr das wahre Kennzeichen der Spiritualität
beobachten.
Es ist diese Fähigkeit, die ihr kultivieren und
entfalten müsst, wenn ihr wirklich auf spirituellem Gebiet einen wesentlichen Fortschritt
machen wollt. Ich wiederhole, dass der Pfad nicht leicht ist. Ihr müsst euer
Ego kreuzigen und eure Selbstheit auf den Altar der Liebe für euren Meister
legen. Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden, und die wahre Stätte des Herrn
kann nicht durch die Arbeit von ein paar Wochen erreicht werden. Die meisten
Sucher wollen rasche Ergebnisse. Sie wollen Wunder und plötzliche Umwandlung.
Aber die Saat, die in einem hervorgebracht wird, verwelkt rasch; die Saat,
welche zu einem Leben spendenden Baum heranwachsen muss, wächst langsamer. Die
spirituelle Wissenschaft, wie sie durch alle Meister gelehrt ward und wie sie
euch vermittelt wurde, ist eine vollkommene Wissenschaft. Ihre Wahrheit wurde
durch eine Anfangserfahrung im Innern bewiesen. Das übrige hängt von eurer
Bemühung ab. Die Göttliche Gnade ist immer bereit, sich in das Gefäß zu
ergießen, aber dieses Gefäß muss erst bereit sein, sie aufzunehmen! Die Kraft
zum Vollbringen von Wundern ist nicht sehr schwer zu erwerben, aber sie darf
nicht mit wahrer Spiritualität verwechselt werden, für welche mit vollkommener
Selbstumwandlung und Selbsthingabe bezahlt werden muss.
Das ist die Aufgabe, die vor euch liegt. Wenn ihr
nach spiritueller Erlösung trachtet, dann verliert keinen Augenblick und sucht
euch selbst umzuformen. Zu einem Menschen zu werden, ist der schwierigste Teil
der Spiritualität und wenn ihr euch auf diesem Gebiet vervollkommnet habt, dann
ist die Gottverwirklichung nicht mehr schwer. Lasst eure Liebe für den Meister
vollkommen sein und euren Gehorsam Seinen Wünschen gegenüber kompromisslos.
Arbeitet nach eurem besten Vermögen für Seine Sache, aber lasst nicht zu, dass
die Individualität eurer begrenzten Sicht gegnerische Gefühle und Abneigung für
eure Gefährten in euch hineinbringt. Solange einer nicht das universale
Bewusstsein erlangt hat, gibt es immer Meinungsverschiedenheiten. Aber wenn
einer ihre Ursache verstanden hat, wird er ihnen nicht erlauben, den Frieden
seines Herzens zu stören. Welche äußeren Widerstände auch immer da sein mögen,
welche Meinung andere auch immer haben, wenn sich einer seiner Liebe vollkommen
ergeben hat, dann kann nichts seinen Gleichmut jemals beeinträchtigen oder
seinen spirituellen Weg blockieren. Wenn einer über das, was andere sagen, in
Erregung gerät, ist er zweifellos noch dem Ego unterworfen und hat es erst noch
zu besiegen. Er muss erst noch die Anfangsgründe der Spiritualität lernen.
Lasst mich darum sagen als ein Vater, einprägen als
ein Lehrer, zureden als ein Freund, euch der Umgestaltung und dem Besiegen
eures Ich zuzuwenden, wenn ihr auf dem inneren Pfad Fortschritte machen wollt.
Helft den anderen, tut euer Bestes für sie, aber kümmert euch nicht um die
Früchte dieses Tuns. Das ist etwas, das ihr dem Meister überlassen müsst. Macht
eure Liebe zu Ihm so vollkommen, dass ihr Seine Hand in allem seht. Erhebt euch
über alle Feindschaftsgefühle, Rivalität und Abneigung! Seht Ihn in allen
gegenwärtig und denkt daran, dass Er immer bei euch ist, bereit euch zu helfen,
wenn immer ihr Ihm euer Denken zuwendet. Und vor allem vergesst nicht, dass Er
nicht durch Worte gewonnen werden kann, sondern durch Taten.
„So ihr mich liebt, haltet
meine Gebote.“
Wenn ihr das vermögt, wenn ihr euer Ich besiegen könnt
und es zu den Füßen des Meisters niederlegt, wenn ihr lernt, Ihn in allem und
durch alle Dinge wirken zu sehen, wenn ihr die Begrenzung eurer eigene Sicht
als Tatsache nehmt, wenn ihr unaufhörlich und eifrig über eure Gedanken, Worte
und Taten wacht, indem ihr alles Übel und alle Unvollkommenheiten ausrottet.
– dann werdet ihr nicht nur euch selbst erlösen, sondern auch andere in
Stand setzen, das gleiche zu tun. Euer Beispiel wird wie ein Licht in der
Finsternis leuchten und die Menschen, auch solche, die erst gegen euch sind,
werden sich um Führung und Hilfe an euch wenden. Ihr werdet einen neuen Frieden
finden, der euch erfüllt und durchdringt, einen Frieden, der nicht durch äußere
Störungen beeinträchtigt wird, sondern der in einem inneren Gemütszustand
gefunden wird und der selbst in stürmischen Situationen unerschütterlich ist.
Diese gleiche Art des Friedens wird nicht nur in eurem individuellen Leben
Einzug halten, sondern auch in das weitere Leben der großen spirituellen
Bewegung, von dem diese nur ein Teil ist. Statt gespalten und getrennt zu sein,
wird sie einzig und zweckvoll ihrem Ziel entgegengehen.
Kein wahrer Meister war jemals daran interessiert,
möglichst große Mengen anzuziehen und ich war niemals auf Quantität bedacht. Es
ist die Qualität, die zählt und ich habe lieber eine Handvoll Schüler, nein,
auch nur einen, der sein Ego auf dem spirituellen Altar opfern kann und lernt,
durch die Liebe zu leben, als Millionen, die den Wert und die Bedeutung dieser
Tugenden gar nicht verstehen. Ich habe es vorher nahegelegt und betone es immer
wieder dass ein Sucher besser und sorgfältiger erforscht werden und sich mehr
mit seinem Hintergrund bekannt machen soll, bevor einer für die Initiation
vorgeschlagen wird. Wenn er dann, nachdem er die grundlegenden Dinge dieser
Wissenschaft verstanden hat, willens ist. seine völlige Umwandlung, welche
diese Praxis erfordert, in Angriff zu nehmen, dann und nur dann allein ist er
geeignet, die Initiation zu bekommen. Um wie viel mehr muss diese Umgestaltung
bei Gruppenbeauftragten und Repräsentanten betont werden. Sie sind das
Fundament der Bewegung und wenn das Fundament schwach ist, wie sollte dann der
Oberbau feststehen? Ihre Verantwortlichkeit ist viel größer und ihre
Anstrengung muss demzufolge viel größer sein, als die der anderen Initiierten.
Wenn die Schüler mich wirklich mehr liebten als ihr kleines Ich, wenn sie nur
wüssten, wie tief ich leide, wenn ich sie gespalten und streitend finde, würden
sie sich niemals Dinge erlaubt haben, die dazu führen. Ich bin nicht glücklich
darüber, dass ich das sagen muss, aber ich habe keine andere Wahl.
Der Hauptumstand, der die Disharmonie unter
Repräsentanten, Gruppenbeauftragten und anderen Initiierten zur Folge hat, kann
auch auf „Misstrauen" oder eine Art Besorgnis zurückgeführt werden,
dass einige von ihnen gewisse Kräfte erworben haben wie Gedankenlesen, oder
dass sie andere in einer Entfernung sehen und hören, was sie sagen, oder
psychische Macht über andere haben etc. und diese Kräfte missbrauchen. Wenn
einer solche Kräfte anwendet, werden sie ihm vom Meister sofort weggenommen.
Doch abgesehen davon, sind sie ja mit der Wiederholung der fünf heiligen Namen
ausgerüstet, wodurch sie keinen Grund haben, in irgendeiner Besorgnis zu sein.
Nehmt dies als eine Ermahnung und nehmt es als ein
Gebot. Aber von diesem Tag an, von diesem Augenblick an, macht Liebe und
Selbsthingabe – und wie ich bereits sagte, sind die beiden dasselbe
– zum Grundstein eures Lebens. Tut es und ihr werdet finden, dass euch
euer Leben täglich zum Segen gereichen wird. Ich bin immer bei euch und warte,
dass ihr euch von euch selbst abkehrt und euch mir zuwendet. Lasst nicht das
Licht, das in euch gepflanzt wurde, dunkel werden, sondern entfacht es zur
lodernden Flamme, welche die Welt erhellen wird. Der Pfad ist schmal und eng
und schwierig, sehr schwierig, und er verlangt viel. Aber einer, der wirklich
Willens ist, dem wird jede Hilfe zugesagt und er kann das Ziel dieses Lebens
erreichen, ein Ziel, das alle anderen Ziele zuschanden macht, denn außer diesem
gibt es überhaupt keine Ziele, nur leere Spielerei oder ähnliches.
Ich weiß, dass die Initiierten im Ausland sehr
darauf warten, mich persönlich zu sehen und auch ich habe Verlangen danach,
unter ihnen zu sein. Ihr könnt euch wohl vorstellen, wie glücklich und voller
Freude ein Vater inmitten seiner Söhne und Töchter ist, die alle liebevoll und
friedfertig sind. Darum lege ich nahe, dass sich zu der Zeit, in der ich nach
Amerika reise, alle Initiierten, einschließlich der Gruppenbeauftragten und Repräsentanten
besonders anstrengen und ein rein christliches und Meister-gleiches Leben
führen, so dass sich alle Initiierten von den anderen Männern und Frauen
abheben und in voll erblühender Liebe erstrahlen und von liebevollem Denken an
den Herrn durchdrungen sind.
KIRPAL SINGH