Param Sant Kirpal Singh Ji Maharaj

 

- kurze Lebensskizze -

 

 

Param Sant Kirpal Singh Ji, wurde in Sayyad Kasran, einem kleinen Dorf im Punjab (heute ein Teil von Pakistan), geboren. Seine lebenslange Suche nach Gott veranlasste ihn, die Behauptungen vieler Sufis, Yogis und Mystiker zu untersuchen; aber Er blieb skeptisch und lehnte es ab, irgend jemanden als seinen Guru anzunehmen, solange Er nicht einen direkten Beweis seiner Kompetenz hatte. Er betete zu Gott, sich ihm direkt zu offenbaren, ohne einen Menschen als Mittler. Seine Gebete wurden erhört, und Er begann in seinen Meditationen die aus Licht bestehende Gestalt eines bärtigen Mannes zu sehen. Er erkannte die Form nicht, und da Er dachte, dass es Guru Nanak, der Begründer der Sikh-Religion, sei, fuhr Er mit seinen Meditationsübungen fort und gab seine Suche auf, zufrieden, dass Gott zu ihm gesprochen hatte. Sieben Jahre später besuchte Er die Stadt Beas im Punjab, um einige Zeit an den Ufern des Beasflusses zu verbringen. Jemand fragte ihn, ob Er gekommen sei, den Meister zu sehen. „Nein – gibt es hier einen Meister?“ Er erfreute sich der Ufer des Flusses (da Er eine besondere Vorliebe für Wasser, besonders für Flüsse, hatte) und ging danach zu dem nahegelegenen Ashram. Dort begegnete Er in der Person Baba Sawan Singh Jis derselben Gestalt, die Er sieben Jahre lang in seinen Meditationen gesehen hatte, auf der physischen Ebene. Am darauffolgenden Tag wurde Er initiiert und widmete sein ganzes weiteres Leben der Praxis des Surat Shabd Yoga, der spirituellen Disziplin, wie sie von Baba Sawan Singh gelehrt wurde.

Dennoch war Er nie ein Mönch oder Entsagender. In jungen Jahren verheiratet, hatte Er drei Kinder (von denen eines in der Kindheit starb) und verdiente seinen und der Familie Unterhalt bei der indischen Regierung, wo Hunderte von Angestellten unter ihm arbeiteten. Als Er 1947 in den Ruhestand ging, hatte Er die Zuneigung und Achtung seiner indischen Untergebenen und britischen Vorgesetzten erworben.

Er saß 24 Jahre zu den Füßen seines Gurus und drang sehr rasch tief ins Innere vor. Anfang der dreißiger Jahre erwähnte Baba Sawan Singh seinen Namen solchen gegenüber, die ihn fragten, ob Er irgendwelche fortgeschrittenen Schüler habe; in den späten dreißiger Jahren war ihm die Aufgabe übertragen worden, den Gurmat Siddhant, ein zweibändiges, klassisches Werk der Spiritualität in Punjabi, zu schreiben, das dann auf Ersuchen Kirpal Singhs unter dem Namen Sawan Singhs veröffentlicht wurde. 1939 bat ihn sein Meister, anlässlich der regulären monatlichen Initiation 250 Menschen auf den Pfad zu stellen – eine beispiellose Ehre für jeden von Sawan Singhs Schülern und einer der überlieferten Wege eines Meisters, auf seinen Nachfolger hinzuweisen. Die ganzen dreißiger und vierziger Jahre hielt Er regelmäßig Satsang in Lahore und Amritsar und sprach oftmals zu den Anwesenden, während sein Meister an seiner Seite saß; wie Er es gewöhnlich selbst beschrieb: „Ich sprach mit meinem Meister, und die Menschen erfreuten sich daran!“ In der Tat hielt Er am 2. April 1948 in der Dera Baba Jaimal Singh – dem Ashram seines Gurus in Beas – Satsang, als die Nachricht eintraf, dass Baba Sawan Singh gegangen war. Gerade am Tag vorher war ihm die spirituelle Kraft durch die Augen übertragen worden, was den Fortbestand der Kraft von einem menschlichen Pol zum anderen ermöglicht und beweist. Schon davor, am 12. Oktober 1947, hatte ihm sein Meister gesagt, dass Er ihm nachfolgen werde. Damals bat ihn Kirpal Singh inständig, doch weiter im physischen Körper zu bleiben und nach seinem Willen Anweisungen zu geben; aber dieses Gebet wurde nicht erhört; und nun war er gegangen. Schweren Herzens zog Er sich nach Rishikesh in die Berge des Himalaya zurück und verbrachte die nächsten fünf Monate im fast ununterbrochenen Samadhi oder Versunkensein in Gott.

Während dieses Zeitraumes nahm Er die traditionelle Lebensweise eines „Sadh“ oder Entsagenden an, indem Er seinen Turban ablegte, sein Haar (das nach dem Brauch der Sikhs seit seiner Geburt nicht geschnitten worden war) lose herabfallen ließ und einen einfachen weißen „Dhoti“ (weite indische Hose) trug. Zu dieser Zeit begegnete Er dem Maharishi Raghuvacharya, der damals Anfang Neunzig war und sein enger Freund und Schüler wurde. Der Maharishi, welcher durch unermüdliche Ashtang-Yoga-Übungen, die Pranayama usw. einschlossen, bis zur Astralebene vorgedrungen war, erkannte sogleich, dass hier in der Tat eine große Seele lebte, erhob sich aus dem Kreis von Schülern, bei denen er gesessen hatte, und beugte sich vor Kirpal Singh nieder, womit er gleichsam die Größe beider kundtat. Kirpal Singh seinerseits behandelte Raghuvacharya immer mit Respekt und Ehrerbietung, obwohl der letztere jedem offen erzählte, dass Kirpal Singh sein Guru war. Raghuvacharya starb 1971 im Alter von 115 Jahren; er war sowohl ein Pandit oder Gelehrter des Sanskrit als auch ein großer Yogi, und diese großen spirituellen Persönlichkeiten zusammen zu sehen, war ein außergewöhnliches Erlebnis.

Nachdem Kirpal Singh den Kelch spiritueller Ekstase bis zur Neige geleert hatte und mit seinem Vater eins geworden war, erhielt Er schließlich von innen die Anweisung: „Geh zurück in die Welt und bring Meine Kinder wieder zu Mir.“ Bei seiner Rückkehr in ein gerade unabhängig gewordenes Indien, das noch von der Erschütterung durch die Teilung Pakistans und dem unglaublichen Leid, das diese nach sich zog, wie betäubt war, ging Er geradewegs nach Delhi, dem Zentrum, wohin die Flüchtlinge aus dem Punjab strömten, und begann dort sein Werk. 1951 hatte Er am Rand der Stadt einen Ashram errichtet, und die Satsangs dort wurden von fünftausend oder mehr Seelen besucht. Sein Werk dehnte sich weiter aus: 1955 unternahm Er seine erste Auslandsreise und verbrachte mehrere Monate in den Vereinigten Staaten und Europa. Damit kam zum ersten Mal ein Heiliger so hohen Ranges in den Westen, und ebenfalls erstmalig wurde dort der Surat Shabd Yoga von einem authentischen Meister dieses Systems erläutert. Vier der Ansprachen, die Er während dieser Reise gehalten hat, sind in diesem Band mit aufgenommen und zeigen die ganze Einfachheit und Klarheit, mit der Er diese tiefgründigen Gedanken einer Zuhörerschaft darbot, der östliches Gedankengut nahezu vollständig unbekannt war; denn im Jahre 1955 gab es noch wenig Verständnis für die Tiefe und Bedeutung östlicher Denkweise und spiritueller Übungen, die heutzutage allerorts verbreitet sind. Infolge dieser Reise erhielten Hunderte von Menschen aus dem Westen die Initiation und begannen mit der Praxis des Surat Shabd Yoga; Repräsentanten wurden ermächtigt, in Abwesenheit des Meisters (nach vorheriger Genehmigung durch ihn) die Anweisungen für die Initiation zu geben, so dass das Werk weitergehen und gedeihen konnte; in den meisten Großstädten Amerikas und Europas entstanden kleine Schülerzentren. Diese wiederum hatten Einfluss auf andere Menschen, und so begann sich die Zahl der Initiierten ständig zu vergrößern.

In Indien dehnte sich das Werk rasch aus, da das Ansehen des Meisters als eines heiligen Mannes, der wirklich nach dem lebte, was Er predigte und was die Schriften sagen, ständig zunahm und sich immer mehr verbreitete. 1957 wurde Er zum Präsidenten der neuentstandenen Weitgemeinschaft der Religionen gewählt, ein Amt, das Er etwa 15 Jahre und während vier Weltreligionskonferenzen innehatte. Als in dieser Richtung offensichtlich nichts mehr erreicht werden konnte, trat Er schließlich im Jahre 1971 zurück. 1962 wurde ihm für seine spirituelle und humanitäre Arbeit der Orden von St. Johannes von Jerusalem, Ritter von Malta, verliehen; Er war der erste Nichtchrist in der Geschichte, dem diese Ehre zuteil wurde. Aus diesem Anlass bat ihn Premierminister Nehru zu sich, um ihm seine persönlichen Glückwünsche zu übermitteln; sie hatten eine lange Unterredung, und so begann des Meisters inoffizielle, aber gute Beziehung zu den Premierministern von Indien (bei einer Reihe von Gelegenheiten beriet Er sowohl Premierminister Shastri als auch Indira Gandhi, und sie ihrerseits sprachen anlässlich der verschiedenen Konferenzen, auf denen Kirpal Singh den Vorsitz führte).

1963 unternahm Er seine zweite Weltreise, diesmal als Präsident der Weitgemeinschaft der Religionen; dabei kam Er mit Staatsmännern und religiösen Oberhäuptern zusammen und brachte in das Spannungsfeld des politischen Geschehens das heilende Evangelium der Liebe. Er traf mit Papst Paul VI, mit dem Patriarchen der östlichen orthodoxen Kirchen und zahlreichen Persönlichkeiten europäischer Königshäuser und Regierungen zusammen und legte ihnen allen den Gedanken von der Einheit der Menschen dar. Hand in Hand mit seiner Arbeit auf dieser Ebene, fuhr Er damit fort, Wahrheitssucher in den Surat Shabd Yoga zu initiieren und ihnen den Weg in ihre Heimat zu zeigen.

Während die Arbeit im Westen zunahm und mehr und mehr Wahrheitssucher zu Kirpal Singh geführt wurden, entstand in vielen von ihnen ein starkes Verlangen danach, über einen längeren Zeitraum bei ihm in Indien zu lernen und ihn auf persönliche Weise kennen zu lernen. Der erste Schüler aus dem Westen, der sich im Ashram aufhielt, war Rusel Jaque, ein amerikanischer Schriftsteller, der 1959 sechs Monate bei ihm verbrachte. Sein poetischer und feinfühliger Bericht über diesen Aufenthalt („Gurudev – der Herr der Barmherzigkeit“ liegt in deutscher Sprache vor) trug viel dazu bei, andere zu ermutigen, ebenfalls zu kommen und selbst zu sehen, was es dort gab. Und sie kamen – eine Handvoll zuerst, dann mehr, bis sich schließlich Anfang der siebziger Jahre fast immer vierzig oder fünfzig Westler für einen Zeitraum von drei Wochen bis zu sechs Monaten im Ashram aufhielten. Nach und nach schnellte diese Zahl in die Höhe, da der Meister die Tore öffnete und 1974 schließlich für alle seine nichtindischen Schüler eine allgemeine Einladung herausgab. Den ganzen Winter und Frühling dieses Jahres waren zusätzlich zu den Tausenden indischer Anhänger, die sich bei ihm einfanden, gleichmäßig zwischen zwei- und vierhundert Initiierte aus Ländern außerhalb Indiens zu ihm gekommen.

Ein entscheidender Aspekt seiner vielseitigen Mission trat am 6. Februar 1970 in Erscheinung, als der Öffentlichkeit der Plan des „Manav Kendra“ vorgelegt wurde. „Manav Kendra“ bedeutet „Zentrum für den Menschen“, und wie Kirpal Singh oft erklärte, ist es ein Ashram, ja mehr noch als das. Der Heranbildung zum Menschen, dem Dienst am Menschen und dem Dienst am Land gewidmet, bestand der Plan darin, fünf solcher Zentren in ganz Indien zu errichten – je eines im Norden, Süden, Osten, Westen und im Innern des Landes. Jedes Zentrum sollte sich schließlich selbst tragen und ein landwirtschaftliches Vorbild für die Bauern dieser Gegend sein, indem es überlieferte indische Methoden mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen verband. Auch sollte jedes Zentrum ein freies Krankenhaus unterhalten, dazu eine kostenlose Grundschule, ein Altenheim, Möglichkeiten zum Erlernen von Sprachen und eine Bibliothek für vergleichende Religionswissenschaft und Mystik, in Ergänzung zu den esoterischen Instruktionen und dem Programm zur „Heranbildung des Menschen“, das den Kern bilden sollte.

Am 26. August 1972 brach der Meister zu seiner dritten und letzten Weltreise auf. Er wurde von sehr großen Menschenmengen begrüßt, und wo Er auch hinging, kamen nahezu tausend Schüler, meistens junge Leute, die in den letzten Jahren initiiert worden waren. Auf der ganzen Reise hatte Er ein Tagespensum von 14 oder 15 Stunden, hielt zahllose Vorträge, sah Tausende von Menschen bei privaten Interviews und initiierte mehr als zweitausend neue Schüler, bevor die Reise am 31. Dezember in Rom endete.

Der äußerliche Höhepunkt seiner Mission war die Einberufung der großen Weltkonferenz für die Einheit des Menschen (Unity of Man) im Februar 1974. Spirituelle Führer und Regierungschefs aus Indien und der ganzen Welt waren eingeladen, und es nahmen zweitausend Delegierte und etwa fünfzigtausend Nichtdelegierte teil. Unter den erlesenen Gästen, die dem Ruf des Meisters folgten, waren der ehrwürdige Nichidatsu Fuji aus Japan, Pir Vilayat Inayat Khan vom Internationalen Sufi Orden, Yogi Bhajan, Acharya Sri Tulsi Ji, Erzbischof Angelo Fernandes aus Delhi und der Premierminister (Frau Indira Ghandi), der Vizepräsident, Verteidigungsminister und Außenminister von Indien, neben vielen anderen.

Einen weiteren Vorstoß zur Verwirklichung des Einheitsgedankens unternahm Kirpal Singh beim Kumbha Mela in Hardwar, wo Er am 12. April 1974 eine große Anzahl Sadhus und gottesfürchtige Männer dazu brachte, sich in einer Konferenz der Nationalen Einheit zusammenzuschließen, mit dem Ziel und der Verpflichtung, die religiösen Zwistigkeiten abzuschaffen und die wirtschaftliche Lage der Armen im Lande zu bessern. Dies war, soweit bekannt, das erste Mal in der religiösen Tradition Indien, dass es jemandem gelang, die seit jeher unabhängigen Sadhus zu überreden, sich vereint in den Dienst einer guten Sache zu stellen; und wie Er später sagte: „Es war sehr schwierig, sie dafür zu gewinnen.“

Auf dem großen Bhandara zu Ehren seines Meisters, Ende Juli 1974, gewährte Kirpal Singh mehr als tausend Aspiranten die Initiation. Wenige Tage später, am 1. August, hielt Er in einer Sitzung des indischen Parlaments eine Ansprache auf Ersuchen seiner Mitglieder – es war das erste Mal in der Geschichte, dass ein spiritueller Führer eingeladen war, vor dem Parlament zu sprechen.

 

Der Meister spricht, Bd. I (1979)

 

 


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